»Behind the Scenes«
6 Fragen an Tim Florian Horn
Als jüngster Direktor eines Planetariums Europas, übernahm Tim Florian Horn 2013 mit gerade einmal 31 Jahren die Leitung des Zeiss-Großplanetariums. Dem Kosmos eng verbunden war der heute 38-Jährige, der inzwischen Vorstand der Stiftung Planetarium Berlin und auch Direktor der Archenhold-Sternwarte ist, schon immer: die Planetarien in Kiel, Hamburg und San Francisco nannte er sein zu Hause. Zeit für ein Interview.
Wie wird man Direktor eines Planetariums?
Mein Weg war vielleicht doch etwas ungewöhnlich. Als begeisterter Hobbyastronom war ich als Zwölfjähriger im Verein des Planetariums Kiel aktiv. Später habe ich dort dann auch Karten an der Kasse verkauft, Programme und sogar eine eigene Zeitschrift produziert. Mir wurde bewusst, dass ich genau das machen möchte: Als Vermittler zwischen den Wissenschaften und den interessierten Besucher*innen fungieren und meine Faszination für die Astronomie weitergeben. Nach dem Studium der Multimedia Production an der Fachhochschule in Kiel wurde ich also zunächst Produktionsleiter am Planetarium Hamburg, bis es dann für drei Jahre mit Frau und Kind nach San Francisco an die California Academy of Sciences ging. Nebenbei studierte ich Astronomie und als dann 2013 in Berlin ein neuer Leiter für das Zeiss-Großplanetarium gesucht wurde, war klar: hier kann ich meine beiden großen Leidenschaften – Sternwarte und Planetarium – buchstäblich zusammenführen.
Was denken Sie, macht die Astro-Community so besonders?
Es ist vielleicht das große Interesse an unserem Platz im Kosmos. Alles auf unserem Planeten hat einen kosmischen Ursprung, eine kosmische Geschichte. Sauerstoff, Kohlenstoff, Eisen sind erst in den Sternen entstanden und dieser Staub vergangener Sterne musste erst als Planet zusammenfinden, so dass es uns hier und jetzt gibt. Dies gibt eine gewisse Demut dem Wunder des Lebens gegenüber und setzt so vieles über das man sich auf Erden ärgert in gute, sinnvolle Relationen. So kann der astronomische Blick die Besonderheit der Erde aufzeigen, wenn sie doch vielleicht der einzig bewohnbare Planet des Kosmos ist.
Gibt es »den« typischen Arbeitsalltag für einen Planetariumsdirektor, und wenn ja, wie sieht dieser aus?
Ich bin sehr froh, dass es da keinen typischen All-Tag gibt! Natürlich ist die Aufgabe davon geprägt Ressourcen – Geld, gute Menschen, gute Dinge – zu finden, Strukturen zu schaffen und ein gemeinsames Ziel zu gestalten und zu leben. Mehr als in anderen Stationen kann ich hier aber meine Vorstellungen von guten Programmen und spannenden Veranstaltungsformaten gemeinsam mit einem sehr bunten Team entwickeln und umsetzen. Aber vielleicht sind es die kleinen Momente, die diese Aufgabe noch spannender und lebenswert machen, so z. B. wenn ich das eine oder andere Kinderprogramm selbst moderieren und das Staunen der Kinder über die Sterne und das Universum mit eigenen Augen sehen und vor allem hören kann!
Kann man sich Technikraum des Planetariums wie die Kommandozentrale von »Star Trek« vorstellen?
In den Planetarien verwenden wir allerlei Technik und Computer, um über den Sternprojektor oder gar 360°-Videos, Fulldome genannt, die Sterne vom Himmel zu holen. Riesige Datenbanken an astronomischen Daten erlauben eine virtuelle Reise durch Raum und Zeit – ganz so als würde man auf dem Holodeck der Enterprise stehen. Jedoch ist es keine Science-Fiction, sondern wir zeigen die echten Beobachtungsdaten des derzeit bekannten Universums. Wird etwas im Kosmos neu entdeckt, wird die Datenbank ergänzt und wir können mit unseren Gästen dorthin fliegen. Und das dann schneller als in Star Trek!
Was sind Themen des Planetariums, bei denen Sie sich wünschen würden, dass sie in der Öffentlichkeit mehr Beachtung bekommen würden?
Das Planetarium wurde vor fast 100 Jahren erfunden, um den Eindruck des gestirnten Himmels für die Menschheit zu bewahren und einen Ort zu schaffen an dem die kosmischen Zusammenhänge erklärt werden. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts war Lichtschmutz ein großes Thema. Wo immer wir Menschen auch sind, wir nutzen Licht, um Gebäude anzustrahlen, Straßen auszuleuchten und um die Nacht zum Tag zu machen. Damit überstrahlen aber wir die Sterne des Nachthimmels, irritieren die irdische Flora und Fauna und nehmen uns damit einen besonderen Natureindruck. Einen Eindruck, der uns Menschen über Jahrtausende hinweg zum Stauen gebracht hat und die größten Fragen der Menschheit aufgeworfen hat. Sind wir allein im Kosmos? Wie ist das Universum entstanden und was ist unser Platz darin?
Wegen der aktuellen Situation des COVID-19 hat auch die Stiftung Planetarium Berlin ihre Häuser geschlossen. Was sind Ihre persönlichen Tipps, um trotzdem den Sternhimmel nahe sein zu können?
Wir als Stiftung Planetarium Berlin nutzen vermehrt digitale Formate, auch in VR, um unseren Besucher*innen auch Zuhause Informationen über den Kosmos näher zu bringen. Aber auch schon der eigene Blick vom Balkon lässt derzeit einige schöne Dinge am Himmel erkennen. Die eine oder andere Sternschnuppe lässt sich mit etwas Geduld erhaschen. Gerade am Abendhimmel ist es die Venus, die noch über Wochen hell als Abendstern zu sehen ist, in den Morgenstunden kann man schon mit einem einfachen Feldstecher den Planeten Mars, Jupiter und Saturn Geheimnisse entlocken. Mit unseren Sternkarten kann man auch aus den Häuserschluchten der Stadt Sternbilder erkennen und sich mit den Kindern am Himmel neue ausdenken. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Vielen Dank für das Gespräch!